Saarbrücker Zeitung vom 6.11.2000

 
 

Stadt setzt Rotstift an: Max Ophüls soll bluten

Der Letzte macht das Licht aus? Soweit ist es beim Max-Ophüls-Preis zum Glück noch nicht, doch die Kürzung, die die Stadt Saarbrücken dem Festival verordnen will, wird sich nur schwer verkraften lassen. 120 000 Mark weniger soll es künftig für das Festival der blauen Herzen geben. Die eingesparten Mittel gehen dann an das Theaterfestival "Perspectives". Ophüls-Festivalchefin Christel Drawer muß jetzt also verstärkt nach anderen Geldgebern suchen, soll es für den Filmpreis auch nach der 22. Ausgabe, die vom 16. bis 21. Januar läuft, noch eine Fortsetzung geben.




Der Saarbrücker Kulturausschuss will den Etat des beliebten Filmfestivals um
120000 Mark kürzen - Mittel für "Perspectives" sollen aufgestockt werden
Einschneidende Mittelkürzung: Für den 22. Max-Ophüls-Preis vom 16. bis 21.
Januar 2001 will die Stadt Saarbrücken den Etat um 120000 Mark kürzen. Der
Anfang vom Ende des beliebten Film-Festivals?

Noch ist nichts entschieden. Aber es sieht so aus, als müsse Max Ophüls bluten.
Die Stadt Saarbrücken als Veranstalter und Hauptfinanzier hat den Rotstift angesetzt:
Der städtische Etat soll um 120000 Mark gekürzt werden, von 820000 auf 700000 Mark.
Das bestätigte Saarbrückens Kulturdezernent Rainer Silkenbeumer auf Anfrage der
"Saarbrücker Zeitung" . Im Gegenzug soll der Etat der "Perspectives" , die ja im
nächsten Jahr mit einer neuen Konstruktion an den Start gehen, von 585000 auf
700000 Mark aufgestockt werden. Der Kulturausschuss habe sich für die
Mittelkürzung beim Ophüls-Preis ausgesprochen, jetzt befasse sich der
Finanzausschuss damit, ehe dann der Stadtrat endgültig entscheiden muss. Der
Kulturausschuss sei angesichts der angespannten finanziellen Situation der Stadt
mehrheitlich der Meinung gewesen, dass das beliebte Saarbrücker Festival
abspecken solle. So werde die Reihe "Blick über die Grenzen" , die "mit
zusätzlichen hohen Kosten" verbunden sei, der Kürzung zum Opfer fallen, meinte
Silkenbeumer. Man wolle dafür aber den Kern des Festivals, den Wettbewerb des
deutschsprachigen Filmnachwuchses, stärker herausstellen. Für Festivalleiterin
Christel Drawer ist angesichts der drohenden Mittelkürzung guter Rat teuer.

"120000 Mark kann man nicht so einfach einsparen" , meinte Drawer, "wir
müssen uns nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten umsehen." Der
Max-Ophüls-Preis zählt nach wie vor zu den vier, fünf bedeutendsten
Filmfestivals in Deutschland, findet bundesweiten, ja internationalen Zuspruch. Doch wie
lange noch? "Die Konkurrenz von anderen Festivals ist riesengroß" , so Drawer, die
Kosten steigen, da werde es immer schwieriger, ein attraktives Festival zu
organisieren. Vor allem schrillen bei der Festivalleiterin die Alarmglocken, weil
sie nicht weiß, wie es in den kommenden Jahren finanziell weitergehen soll. Sie
habe durchaus Verständnis für die schwierige Lage der Kommune. Doch wenn
sich die Einsparungen als Trend erweisen würden, dann sei das Festival in der
jetzigen, sehr erfolgreichen Form auf Dauer nicht zu halten. Dann sei das
Ende der Fahnenstange schnell erreicht, und wir hätten hier in ein paar Jahren
"nur noch eine regionale Filmschau" , von der überregional keiner mehr Notiz
nehmen würde. Das sei sicher weniger gewünscht. Und soweit muss es ja nicht
kommen. "Wir bemühen uns um weitere Sponsoren und um Kooperationspartner" ,
erklärt Christel Drawer, "doch das geht nicht von heute auf morgen." Derzeit sei
man unter anderem dabei, sich zusammen mit dem Institut d'Etudes françaises
an der Saar-Uni nach französischen Filmen für das Festival umzusehen. Mit dem
ZDF kooperiere man auch gut und im gastronomischen Bereich sei die Saarbrücker
Garage (Lolas Bistro) "als Festival-Partner eingestiegen." Die abendlichen
Live-Programme in Lolas Bistro würden aber auch den bevorstehenden Kürzungen
zum Opfer fallen.

Für den Wettbewerb um den 22. Max-Ophüls-Preis vom 16. bis 21.
Januar wurden über 260 lange, mittellange und kurze Filme eingereicht. Zur
Zeit sichtet der Auswahlausschuss die Produktionen aus Deutschland, der Schweiz
und Österreich. "Wir werden wieder einen sehr guten Überblick über das
Filmschaffen des Nachwuchses bieten können" , meint die Festivalleiterin, "von
der Hochschul-Abschlussproduktion bis zum professionellen Film ist alles
drin." Man werde 18 oder 19 Filme im Wettbewerb präsentieren, gut die Hälfte
davon in Ur- oder deutschen Erstaufführungen. Stark vertreten seien erneut
Filme über Jugendliche, ihre Probleme und Befindlichkeiten.

THOMAS REINHARDT