Filmhaus 2010 Thema II
 

Saarbrücker Zeitung 16.03.2010


Neue Pläne, alte Rechnungen

Die CDU-Stadtratsfraktion will heute ein Sparkonzept für das Saarbrücker Filmhaus vorlegen. Eingeläutet hat sie ihre Ideenvorstellung mit einer Attacke auf den pensionierten Filmhausleiter Albrecht Stuby.

Von SZ-Mitarbeiterin Silvia Buss


Saarbrücken. Heute will die Saarbrücker CDU-Stadtratsfraktion Vorschläge zur Haushaltskonsolidierung der Landeshauptstadt in die Sitzung des Stadtrats einbringen, die sie vorige Woche vorgelegt hat. Unter Punkt 25 in ihrem Sparkatalog schlägt die CDU Maßnahmen zur "Reorganisation und Öffnung des Filmhauses" vor, die nicht nur erhebliche Kostensenkungen in Höhe von 150 000 Euro ab 2012 vorsehen, sondern auch mit persönlichen Angriffen auf Albrecht Stuby verbunden sind. Wenn man es genau nimmt, auch mit Kritik an den Ophüls-Filmfestivalleitern Martin Rabius und Christel Drawer. Wörtlich heißt es da: "Nachdem der ehemalige Leiter die Einrichtung durch seine Person in eine politische, intellektuelle, soziale und kulturelle Isolation geführt hat, hofft die CDU, dass das Filmhaus sich öffnet und genau so aufblühen wird, wie der Max-Ophüls-Preis, nachdem die Leitung von Boris Penth übernommen wurde."

Im Hinblick auf den Leitungswechsel - nach Stubys Pensionierung leitet Michael Jurich seit Anfang Februar das Filmhaus - heißt es weiter: "Wir freuen uns, dass nun wieder Filme statt der Person des Leiters im Mittelpunkt des Wirkens des Filmhauses stehen können. Anzustreben sei auch eine Kooperation mit dem Kino Achteinhalb."

Die Linke – Stadtratsfraktion Saarbrücken

Presseerklärung vom 16. März 2010


Angriffe auf Ex-Filmhaus-Chef sind empörend

Die CDU im Saarbrücker Stadtrat hat offenbar immer noch nicht verkraftet, dass sie bei der Kommunalwahl verloren hat. Jetzt präsentiert sie so genannte Sparvorschläge und attackiert dabei Albrecht Stuby, den langjährigen Leiter des Amtes für kommunale Filmarbeit in Saarbrücken. Der habe das Filmhaus "durch seine Person in eine politische, intellektuelle, soziale und kulturelle Isolation geführt".

„Wer sich hier wirklich politisch, intellektuell, sozial und kulturell isoliert, ist nicht Albrecht Stuby, sondern das sind allein die Saarbrücker Christdemokraten", erklärt Rolf Linsler, Fraktionschef der LINKEN. Die Stadt habe Stuby viel zu verdanken. Die CDU dagegen zeige nur einmal mehr, wie kulturlos sie sei.

DIE LINKE im Saarbrücker Stadtrat fordert die CDU-Fraktion auf, sich für die Attacken auf den ehemaligen Filmhaus-Leiter Albrecht Stuby im Rahmen ihrer so genannten Sparvorschläge zu entschuldigen. „Die Union will das Filmhaus kaputtsparen. Das ist an sich ein alter Hut“, sagt Fraktionschef Rolf Linsler.“ Weil sie aber keine Mehrheit mehr für diese Pläne hat, greift sie in die unterste Schublade und attackiert Albrecht Stuby persönlich. Das ist billig und stillos.“ Die CDU könne einfach nicht akzeptieren, dass sie von den Menschen in Saarbrücken klar und deutlich abgewählt worden sei. „Wer sich hier wirklich politisch, intellektuell, sozial und kulturell isoliert, ist nicht Albrecht Stuby,


DIE LINKE im Saarbrücker Stadtrat: CDU stellt sich mit Attacken gegen Albrecht Stuby selbst ins Abseits


Von Rolf Linsler

- die ‚neue’ linke online Zeitung vom 16.03.2010

sondern das sind allein die Saarbrücker Christdemokraten. Der Kulturdezernent Erik Schrader hat es vor kurzem auf den Punkt gebracht, als er erklärt hat, nur die CDU und die Freien Wähler seien gegen das Filmhaus. Damit stehen sie also ziemlich alleine da und das ist auch gut so.“ Mit ihren persönlichen Attacken zeige die CDU nur, dass sie keine Ahnung habe. „Man könnte es fast schon kulturlos nennen“, so Linsler ...

„Jeder der Saarbrücken kennt und sich ein wenig mit Filmen auskennt, weiß, wie viel diese Stadt Albrecht Stuby zu verdanken hat“, so Linsler. „Er hat das Filmhaus zu einer anerkannten Institution gemacht. Er hat das Ophüls-Festival ins Leben gerufen und zwanzig Jahre lang geleitet. Er hat Saarbrücken zu einer Filmstadt gemacht und ist selbst schon eine Institution in dieser Stadt.“

(Auszug)

Den Satz des CDU-Stadtverordneten Uwe Conradt, ich hätte durch meine Person das Filmhaus in eine politische, intellektuelle, soziale und kulturelle Isolation geführt, muss man sich genüsslich auf der Zunge zergehen lassen. Seine Aussage ist mit einer Seifenblase vergleichbar, die schon beim Anpieksen platzt.

Das Filmhaus war unter meiner Leitung alles andere als isoliert. Die Kooperation mit vielen Institutionen und Verbänden war ausgezeichnet und die politische und soziale Einbindung seit seinem Bestehen mehrheitlich gesichert.

Intellektuelle und kulturelle Isolation? Meine Programmpolitik war darauf ausgerichtet, intellektuelle Filme mit populären, aber durchaus anspruchsvollen Produktionen zu

Albrecht Stuby amüsiert sich über die CDU-Vorschläge


Zum Artikel in der Saarbrücker Zeitung vom 16.03.2010

mischen, so dass ein aufregendes Gesamtprogramm entstand, das unterschiedliche Bevölkerungskreise, zu denen aber Herr Conradt offensichtlich nicht gehörte, ansprach.

Verwechselt Herr Conradt da nicht etwas, etwa dass es seine Partei im Stadtrat ist, die sich zunehmend selbst isoliert? Seine Vorschläge, Einsparungen im Filmhaus von 150.000 Euro pro Jahr anzustreben, sind in dieser Form ungetrübt von jeglicher Sachkenntnis.

Sehr einfallsreich ist z.B. der Vorschlag, die Eintrittspreise anzuheben. Dabei liegt der Grundpreis beim Filmhaus bereits jetzt leicht über dem bei der privat geführten Camera Zwo.

75.000 Euro jährlich einzusparen, indem keine Ehrenkarten mehr ausgegeben werden, klingt erst einmal gut. Es bedarf allerdings eines Rechenkünstlers, der aus 240 Ehrenkarten im Jahr 75.000 Euro Mehreinnahmen zaubert. Um auf diesen Betrag zu gelangen, müsste das Filmhaus jährlich schon 12.500 Karten kostenlos ausgeben. Übrigens, das Filmhaus gehört mit 300.000 Euro jährlichen Gesamteinnahmen zu den besucherstärksten kommunalen Kinos Deutschlands.

Weitere 75.000 Euro jährlich einzusparen, indem Filmhaus und Kino 8½ gemeinsam Filmreihen und Retrospektiven durchführen, zeugt erneut von nur wenig Sachkompetenz. Retrospektiven und Filmreihen locken bereits seit Anfang der 90er Jahre nur noch wenige Besucher in die Kinos, und zwar seitdem die elektronischen Medien diesen Teil der Kinokultur an sich gerissen haben. Jeder in der Kinobranche Tätige hätte Herrn Conradt darüber Auskunft geben können, hätte er sich denn nur kundig machen wollen.

Da passt es ins Bild, dass Herr Conradt seine obskuren Vorschläge nicht äußerte, solange die CDU in der schwarz/gelben Koalition noch eine Mehrheit im Stadtrat hatte. Die FDP-Fraktion unter der damaligen, übrigens sehr kompetenten

Fraktionsvorsitzenden Karin Nehl hätte diese Vorschläge sicherlich als wenig fundiert verworfen.

Vorschläge mit etwas mehr intellektueller Substanz wären vielleicht hilfreich, mit diesen wird die CDU wohl keine Wahlen gewinnen. Es fehlt die Fachkompetenz. Beruhigend für die anderen Parteien.

Leserbrief in der SAARBRÜCKER ZEITUNG vom 25.3.2010

DER LEITER MUSSTE STETS UNBEQUEM SEIN


Wenn die CDU Veränderungen im Filmhaus mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit anregt, dann liegt sie sicher nicht ganz falsch. Überflüssig sind aber ihre Angriffe auf Albrecht Stuby. Ohne ihn hätte es das Filmhaus wohl nie gegeben, das Ophüls-Festival erst recht nicht.

Ohne seinen bemerkenswerten Einsatz wären die Lichter längst ausgegangen. Das Filmhaus war immer ein Politikum, und um es zu erhalten, musste sich auch sein Leiter immer in die Politik einmischen. Stuby durfte nicht bequem sein. Er musste so auftreten, um

Leserbrief in der SAARBRÜCKER ZEITUNG vom 26.3.2010

DAS FILMHAUS HAT EINE GUTE ZUKUNFT VERDIENT:


Wie politisch, intellektuell sozial und kulturell muss eine Partei sein, um zum Ergebnis zu kommen, dass die verdienstvolle Arbeit von Albrecht Stuby als Leiter des Saarbrücker Filmhauses nach solch abwertenden Kriterien einzuschätzen wäre? Im Filmhaus lief über Jahrzehnte ein engagiertes und differenziertes Angebot an hochwertigen Filmen. Und selbstverständlich wurde auch die Nische bedient. Aber suchen wir eine Stadt, die ein solches Angebot vorzeigen kann. Es spricht von höchster Borniertheit, wenn die Stadtratsfraktion der CDU in Saarbrücken, der Stadt des anerkannten Max-Ophüls-Filmfestivals, zu einer so negativen Einschätzung es Filmhauses kommt. Man kann nur hoffen, dass die anderen Parteien diese Leistungen anders sehen und die verdienstvolle Arbeit des Filmhauses auch in der Zukunft erfolgreich fortgesetzt werden kann.

(Peter Omlor, Homburg)

SAARBRÜCKER ZEITUNG vom 26.03.2010

Thomas Reinhardt, Redakteur der Saarbrücker Zeitung meint dazu:


Sehr geehrter Herr Omlor,

Sie haben Recht. Das Saarbrücker Filmhaus ist ein Glücksfall, andere Städte würden sich die Finger nach solch einer Einrichtung lecken. Die verdienstvolle Arbeit sollte unbedingt fortgesetzt werden. Wenn die CDU-Stadtratsfraktion in Saarbrücken über die Wirtschaftlichkeit des Filmhauses diskutieren möchte, bitte sehr.

Rolf Linsler

Michael Krane

erfolgreich zu sein in Zeiten ständig knapper kommunaler Kassen. Ihr Nachtreten nimmt der CDU jede Glaubwürdigkeit als sachlicher Gesprächspartner über denkbare Veränderungen.

(Michael Krane, Geschäftsführer Camera Zwo)

Nichts dagegen. Aber in einer solchen Art gegen Albrecht Stuby, den langjährigen Leiter, nachzutreten, das ist einfach nur arm und peinlich. Klar, Stuby war eine Reizfigur, hat provoziert und sich eingemischt – aber im Dienst der guten Sache. Er hat vorzügliche Arbeit geleistet.

Ihr Thomas Reinhardt

Auf die Frage, ob dies der neue politische Stil und eine offizielle Meinung der Saarbrücker CDU sei, antwortete Uwe Conradt, der finanzpolitische Sprecher, der SZ: "Dass der Tonfall zwischen Stuby und der CDU nie wirklich von Sachlichkeit geprägt war, das möge man uns vielleicht vorhalten, aber dann ihm auch. Er war auch nie von großer Sachlichkeit geprägt." Um eine Kritik an den Vorgängern von Boris Penth gehe es der CDU aber nicht, sondern um eine "Herausstellung der Leistung von Herrn Penth", so Conradt. In der Beschlussvorlage für den Stadtrat werde man die Bewertung aber herausnehmen, fügt er hinzu.

Bleiben immer noch 150 000 Euro, die das Filmhaus ab 2012 weniger kosten soll. (Gesamt-Etat: 600 000 Euro, von denen 300 000 erwirtschaftet werden müssen). Wie das zu schaffen sei? Zum einen hält die CDU eine Erhöhung der Einnahmen um 75 000 Euro, 20 Prozent, für möglich. Unter anderem dadurch, dass man keine Freikarten mehr ausgebe, erklärt Conradt. Des Weiteren durch eine eventuelle Erhöhung der Anzahl der Veranstaltungen "oder auch eine maßvolle und auf die Zielgruppe ausgerichtete Erhöhung der Eintrittsgelder".

Zum anderen sieht die CDU ein Einsparpotenzial von 75 000 Euro, vor allem durch eine Kooperation des Filmhauses mit dem Kino Achteinhalb. Die sei schon oft diskutiert worden, bisher aber an Stubys Unwillen gescheitert. Die beiden Kinos könnten Filmreihen gemeinsam durchführen und bewerben, so Druck- und Werbekosten sparen und "Schlagkraft zusammenlegen".

Bewusst habe man die Sparpläne erst ab 2012 angesetzt, um Jurich als neuem Leiter Zeit zu lassen "anzukommen". Dann aber, räumt Conradt ein, müsse man vielleicht auch über Personalausgaben diskutieren.



Kommentar der Saarbrücker Zeitung

Ins Leere nachgetreten


Von SZ-Redakteur

Tobias Kessler

Eine "politische, intellektuelle, soziale und kulturelle Isolation" dank Albrecht Stuby? Lachhaft. Die CDU-Stadtratsfraktion tritt nach, frei von Sachkenntnis. Dazu noch Stubys Ophülsfestival-Nachfolger durch die Blume abzuwatschen, macht das Ganze noch peinlicher. Sollen hier einige alte Rechnungen beglichen werden?

Immerhin hat die CDU heute die Chance, mit ihren Ideen das Filmhaus aus dem von ihr konstatierten Tal der Tränen herauszuführen. Die müssten aber fundierter sein als das Diskutieren von Personalausgaben (das Filmhaus ist nicht überbesetzt) und die klassische Entscheider-Rhetorik à la "Schlagkraft zusammenlegen".

Die Eroberung des „alten“ Saarbrücker Filmhauses und die Requirierung anzüglicher Filmrollen durch die Truppen der Reaktion

CDU-Attacke gegen das Filmhaus und gegen Albrecht Stuby

Saarbrücker Zeitung vom 08.03.2010

CDU: Kulturdezernent hat die Unwahrheit gesagt

Christdemokraten sehen sich von Erik Schrader in Sachen Filmhaus ins falsche Licht gerückt

Zwischen Kulturdezernent Erik Schrader und der CDU knirscht es immer mal wieder. Als es ums Abenteuermuseum ging zum Beispiel. Und jetzt beim Filmhaus, wie sich im Kulturausschuss zeigte.

Von SZ-Mitarbeiterin

Silvia Buss

Saarbrücken. Das Thema Filmhaus sorgte in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses für einen ungewohnt heftigen Disput. Auslöser war die Äußerung des Kulturdezernenten Erik Schrader (FDP) in der SZ: „Nur die CDU und die Freien Wähler sind gegen das Filmhaus“, für eine klare Ratsmehrheit stehe dessen Erhalt hingegen außer Frage.

„Die Behauptung wirft ein völlig falsches Licht auf die CDU“, erregte sich der kulturpolitische Sprecher der CDU-Stadtratsfraktion, Michael Jung, und forderte von Schrader eine „Ehrenerklärung“ für seine Partei, denn damit habe Schrader „die Unwahrheit“ gesagt. „Grundsätzlich war die CDU nie gegen das Filmhaus und ist auch nicht gegen das Filmhaus“, wollte Jung klargestellt wissen.

Stimmt das auch? Der Blick ins SZ-Archiv zeigt: 2005 plante die CDU/FDP-Mehrheitskoalition, den mit 120 000 Euro bezifferten Filmhaus-Etatposten für Filmmieten um 100 000 Euro zu kappen. Buchstäblich in letzter Minute wurde den Verantwortlichen klar, dass dies das Aus für das Kino bedeutet hätte. Man halte ein Programmkino für absolut notwendig, sei aber „nicht auf immer mit diesen Räumlichkeiten verbunden“, hatte Richard Borg, damals kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, im Hinblick auf die anstehende Verlängerung des Mietvertrags gesagt. Man habe aus verhandlungstaktischen Gründen gegenüber dem Vermieter Skepsis aufkommen lassen wollen, erklärte Borg jetzt im Kulturausschuss die damals unklare Außenwirkung seiner Partei. Auch sei die CDU der Meinung gewesen, dass man im Falle zu hoher Miete durchaus ein anderes Gebäude hätte ins Auge fassen sollen.

Ohne Diskussion hingegen nahm der Ausschuss in dieser Sitzung die Vorstellung des neuen Filmamtsleiters Michael Jurich und seiner Pläne für das Filmhaus zu Kenntnis. Eine seiner schwierigsten Aufgaben wird die digitale Umrüstung des Kinos sein. Experten schätzen die Kosten auf 50 000 bis 70 000 Euro pro Saal. Während Jurich künftig die Möglichkeiten des Web 2.0 wie Videos, Twitter, Facebook zur Werbung nutzen will, wünschten sich die Fraktionen im Kulturausschuss zunächst erst einmal eine Neugestaltung des „unübersichtlichen“ Filmhausmagazins.

                                             Schauplatz im Filmhaus