27. MAX OPHÜLS PREIS 2006

 

Sven Rechs Ophüls-Tagebuch


In seinen "Nachtnotizen" hat SR-Reporter Sven Rech wieder mit spitzer Feder festgehalten, was sich so im Herzen und am Rande des Festivals an Kommentarwürdigem ereignet hat....

Sonntag, 29. Januar: Drei Wünsche zum guten Schluss

Nun ist sie wieder vorbei, die Woche, in der jedes Jahr unter uns Filmfreunden der Ausnahmezustand herrscht. Man tritt hinaus auf die Straße wie nach einer langen Reise und wundert sich, das alles noch so ist wie früher, damals – vor diesen 5 langen Tagen. Nur beim Festival hat sich manches verändert.

Neu ist zum Beispiel, daß die Chefin des Festivals bei der Preisverleihung noch im Vollbesitz ihrer Stimme ist. Bisher hat noch jedes Ophüls-Festival seinen Leiter am Ende vor Überwältigung verstummen lassen. Denn – das stellte das ein oder andere Filmteam wieder eindrucksvoll unter Beweis - der gemeine deutsche Nachwuchsregisseur benötigt gerne mal die ganze Nacht und 30 Bierchen, um sein Machwerk filmtheoretisch fundiert darzustellen. Birgit Johnson hat sich aus diesen Diskussionen offenbar klug herausgehalten und ihre Stimme erst wieder bei der Preisverleihung erhoben.

Eine weitere Neuerung ist, daß die Preisträger von ihrem Glück tatsächlich erst am Sonntagmorgen erfahren. Im letzten Jahr gratulierten vereinzelte Jury-Mitglieder vereinzelten Schauspielerinnen ja schon am Abend zuvor auf der Filmparty zu ihren Auszeichnungen. Solches wurde in diesem Jahr schlau dadurch unterbunden, daß man die Musik bei dieser Veranstaltung einfach so laut aufdrehte, dass kein menschliches Wort mehr zwischen den Filmbegeisterten gewechselt werden konnte. Und da der Stummfilm in den letzten Jahren ein wenig aus der Mode gekommen ist, beherrscht heutzutage kaum einer mehr den Zeichencode der Körper- und Gebärdensprache so gut, dass eindeutige Botschaften nicht-sexuellen Inhalts noch übermittelt werden könnten.

Schade – denn so konnte man sich mit den vielen interessanten Leuten, die das Festival wie jedes Jahr nach Saarbrücken gespült hat, nicht, aber auch gar nicht unterhalten. Jedenfalls nicht über Filme.

Ansonsten aber blieb alles beim alten. Wie in jedem Jahr hat die Jury am Ende die falschen Filme prämiert, wie in jeden Jahr konnte man sich zwischen den Filmen in der selbsternannten Hauptstadt des guten Essens nur von Fast-Food ernähren, und wieder einmal ist der Ophüls-Trailer – also das filmische Erkennungssignal des Festivals – um ein paar Gigabyte komplizierter und um ein Gähnen belangloser geworden als der Vorige.

Wie in jedem Jahr mussten Filmvorführer vor Filmregisseuren in Sicherheit gebracht werden, weil sie angeblich das Meisterwerk zu grün, zu blau, zu groß, zu klein oder einmal auch gleich gar nicht projiziert hatten und wie immer waren die Kinos zu klein für den stetig steigenden Besucherstrom, und wie immer hat das unerschütterliche Festivalteam es dann doch geschafft, sie alle hineinzubringen.

Und darum seien hier nur drei Wünsche für das nächste Jahr ausgesprochen: dass die Jury den richtigen Film prämiert, dass das Festival ein eigenes Restaurant aufmacht und dass die hinreißende Christiane Paul Dauerehrengast wird, bis daß der Tod uns scheidet. Mindestens.

Ihr Sven Rech