Saarbrücker Zeitung vom 02.07.2011
"Das Filmhaus nicht killen"
Das Filmhaus kann nicht nur an seinen Besucherzahlen gemessen werden, es gehe um die Qualität, sagt der Förderverein des städtischen Kinos. Man muss das Kino im Kampf um Zuschüsse fit machen, sagt die FDP.
Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen
Saarbrücken. Ist das Saarbrücker Filmhaus in Gefahr? Nach einer von Friedhelm Fiedler, dem Oberbürgermeisterkandidat der FDP und Vorsitzenden der FDP-Stadtratsfraktion, angezettelten Debatte um die Arbeit des städtischen Kinos, macht sich zumindest der Förderverein des Filmhauses Sorgen. Der Verein sei "von den erneuten Angriffen auf die Existenzberechtigung des Filmhauses" im Kulturausschuss des Stadtrats (die SZ berichtete) "entsetzt", teilt dessen Vorsitzende Katrin Schmidbauer mit.
Fiedler hatte auf die sinkenden Zuschauerzahlen hingewiesen und die Frage gestellt, ob die Zuschüsse von rund 400 000 Euro gerechtfertigt sind. Das Kino achteinhalb und das kommerzielle Camera zwo kämen beim Publikum besser an, obwohl die Stadt da wesentlich weniger beziehungsweise gar kein Geld gebe, argumentierte Fiedler.
"Sinkende Zuschauerzahlen in der gesamten Kinobranche sind in der Tat ein Problem, an dessen Lösung das Filmhaus - auch mit Unterstützung des Fördervereins - beständig arbeitet. Wenn Herr Fiedler allerdings der Ansicht ist, die finanzielle Förderung des Filmhauses stehe ,in keinem Verhältnis zum Ergebnis', so verkennt er, dass die Stadt in diesem Bereich kein privates Unternehmen ist, das willkürlich das schließen kann, was sich ,nicht lohnt'", hält Schmidbauer dagegen.
Nachfolgend aus dem Jahr 2011 einige Zeitungsartikel, Presseinformationen und allgemeine Infos über das Filmhaus Saarbrücken:
Friedhelm Fiedler (FDP)
Peter Bauer (SPD)
Die Stadt habe "vielmehr mit den Geldern der Bürgerinnen und Bürger ihren gesetzlichen Auftrag der Kulturförderung unabhängig von einer betriebswirtschaftlichen Rentabilität einzelner Projekte zu erfüllen". Der Verein trete "daher nachdrücklich dafür ein, das Filmhaus in seiner jetzigen
Form zu erhalten, um in Saarbrücken weiterhin ein umfassendes Programm zu bieten, welches die Tätigkeit weltweit schaffender Regisseure und Regisseurinnen abbildet und damit auch politisch und gesellschaftlich relevant ist".
Die FDP stehe weiter zum Filmhaus, versichert Fiedler. "Ich will das Filmhaus nicht killen, sondern ich will, dass es zukunftsfähig gemacht wird", sagt er. Der Kampf ums Geld werde härter. Und gerade weil er wolle, dass das Filmhaus in diesem Kampf überlebt, habe er seinen "zugegeben etwas deftigen Vorstoß gemacht". Aber er habe eben wachrütteln wollen.
Inzwischen hat es ein Gespräch zwischen Fiedler und Filmhausleiter Michael Jurich gegeben. Nach der Sommerpause, sagt Fiedler, soll im Kulturausschuss - dann wohl weniger hitzig - über einen Plan diskutiert werden, mit dessen Hilfe das Filmhaus wieder mehr Kinogänger anlocken kann.
Saarbrücker Zeitung vom 06.06.2011
"Verquirltes Gerede'' und filmreife Attacken
Heftige Angriffe musste Filmhaus-Chef Michael Jurich im Kulturausschuss ertragen. Ihn attackierte Friedhelm Fiedler (FDP) - dem andere Ausschuss-Mitglieder vorwarfen, er wolle das Filmhaus kaputt machen. Eine turbulente Sitzung.
Von SZ-Mitarbeiterin Kerstin Krämer
... Richtig hitzig wurde es dann bei der Debatte über die kommunale Kinolandschaft der Landeshauptstadt. Die 600 000 Euro städtische Förderung für das Filmhaus stünden "in keinem Verhältnis zum Ergebnis", polterte Fiedler noch vor dem mündlichen Bericht von Filmhaus-Chef Michael Jurich und stellte zugleich die Angemessenheit des städtischen Beitrags von 28 Prozent am 200 000 Euro zählenden Gesamtbudget des Kinos Achteinhalb in Frage. Nach Waldemar Spalleks (Kino Achteinhalb) Vortrag über Konzept, Personalsituation und Zuschauerzahlen bescheinigte Fiedler dem kleinen kommunalen Lichtspielhaus mit Zustimmung von SPD-Frau Elisabeth Potyka allerdings eine "für die Stadt unglaublich wertvolle Kulturarbeit" und zeigte sich "erstaunt", dass die Stadt diese "beachtliche" Leistung nur so wenig unterstütze.
Angesichts der seit 2005 zu verzeichnenden "dramatischen" Halbierung der Zuschauerzahlen des Filmhauses ging er indes mit Jurich, der auf die Konkurrenz der kommerziellen "Camera Zwo" verwies und geplante Ansätze zur Verbesserung der Situation präsentierte, hart ins Gericht. Unter anderem zieh er ihn der Trittbrettfahrerei am Erfolgs-Modell des Kinos Achteinhalb. Ein stringentes Konzept sei nicht erkennbar; daher forderte er Jurich auf, ein Strategie-Papier für die nächsten drei Jahre vorzulegen.
Thomas Brück bezeichnete es daraufhin als "verwerflich, eine verdiente kulturelle Einrichtung unter rein betriebswirtschaftlichen Aspekten in Frage zu stellen", worauf Fiedler ihm "verquirltes Gerede" vorwarf - Effizienz sei sehr wohl ein Argument. Marga Herzog (SPD) gab zu bedenken, dass Fiedler bei seinem lobenswerten Einsatz für die freie Szene auch nicht nach Zuschauerzahlen frage, und verwies auf die kurze Amtszeit Jurichs: Fiedler versuche, ihn "niederzumachen". Peter Bauer (SPD) schließlich unterstellte Fiedler ganz offen die Absicht, das Filmhaus kaputt machen zu wollen. Schrader äußerte, in Jurichs Ausführungen durchaus "programmatische Töne" gehört zu haben.
LINKE fordert verstärkte Bemühungen um Filmhaus
Die Fraktion DIE LINKE im Regionalverband Saarbrücken weist nicht zum ersten Mal auf die prekäre Situation um das Saarbrücker Filmhaus hin. Die jüngst geäußerte Kritik von Friedhelm Fiedler ist deshalb auch nicht unbegründet. Jürgen Trenz, Fraktionsvorsitzender im Regionalverband:"Die Ursachen für den Besucherrückgang liegen auch auf anderer Ebene. Wenn man von 5 Angebotsfilmen 3 mit Untertiteln und einen in der Originalversion anbietet, ist dies für eine überschaubare Zahl von Cineasten eine gute Sache, die Mehrheit der Zuschauer geht aber dann ins Camera". Dort steigen übrigens die Besucherzahlen, das Angebot ist ähnlich dem des früheren Filmhauses. Wenn man sich die Zwischenbilanz der Einnahmen und Besucher (liegt der Fraktion vor) von Januar bis Juni 2011 anschaut, wird einem Angst und Bange. Es ist nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE im Regionalverband höchste Zeit, das die Verantwortlichen der Stadt und dazu zählt auch die Ratsmehrheit, endlich Maßnahmen gegen diese schlechte Entwicklung ergreifen. Das Filmhaus hatte sich durch Albrecht Stuby und seine Mitarbeiter in Stadt und Umland einen guten Namen gemacht. Anläßlich der Verabschiedung von Stuby haben dies alle Festredner bestätigt. Es geht auch, was manche vergessen, um die dortigen Arbeitsplätze. Jürgen Trenz: "Wehret den Anfängen". Die Veranwortlichen müssen sich nun zusammensetzen und schnellstens Initiativen ergreifen um das Filmhaus zu retten. Wenn schon Deutschlands große Zeitung mit den 4 Buchstaben diese Institution als Sparobjekt (mit Fragezeichen) beschreibt, ist höchste Aufmerksamkeit geboten.
Sehr geehrte Damen und Herren,
kurz nach Erstellung meines Presseberichts erhielt ich noch einen erbosten Anruf eines Besuchers vom Filmhaus. Was war geschehen? Am Samstag bot das Filmhaus um 22.00 Uhr Open-Air Kino an. Lt. Anrufer waren ca. 100 Personen anwesend. Der Filmvorführer bat ca. 30 Minuten später um Geduld, es würde nicht alles so funktionieren. Gegen 23.00 Uhr gab er dann mit den Worten: "Das Gerät liegt schon seit 4 Jahren im Keller und schimmelt vor sich hin" auf. Die Hälfte der Besucher verließ darauf die Vorführung und bekam das Geld zurück. Der Rest durfte dann den Film im Filmhaus anschauen. Eine große Blamage, man müßte doch vorher ausprobieren ob alle Geräte funktionieren, auch war sonst kein Verantwortlicher bei einem solch marketingträchtigen Abend vorhanden. "Nie wieder Filmhaus", so mein Anrufer.
Jürgen Trenz
Fraktionsvorsitzender
DIE LINKE im Regionalverband
Presseinfo
11.Juli 2011
Saarbrücker Zeitung vom 13.07.2011
Nicht mehr alles super?
Wie die FDP sieht der Linke Jürgen Trenz das Filmhaus in einer „prekären Situation“
Das Programm des Filmhauses muss attraktiver werden. Denn wenn das Publikum wegbleibt, ist das Kino in Gefahr, warnt der Linken-Politiker Jürgen Trenz. Filmhaus-Chef Michael Jurich sieht das Problem.
Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen
Saarbrücken. Wenn das Saarbrücker Filmhaus überleben soll, dann muss dort dringend etwas getan werden. Die Leitung des Filmhauses müsse auf die rückläufigen Besucherzahlen reagieren. Das hat der Vorsitzende der FDP-Stadtratsfraktion und Oberbürgemeisterkandidat Friedhelm Fiedler (Foto: FDP) Anfang Juni im Kulturausschuss des Stadtrats gefordert. Die FDP wolle das Filmhaus kaputtmachen, schallte es ihm aus den Reihen der rot-rot-grünen Stadtratsmehrheit entgegen.
Nun meldet sich Jürgen Trenz (Foto: Linke), ein führender Politiker der saarländischen Linkspartei, zu Wort und fordert ebenfalls „verstärkte Bemühungen“ ums Filmhaus. Wie Friedhelm Fiedler wolle er durch den Hinweis auf „die prekäre Situation“ des Filmhauses zur Rettung dieser städtischen Einrichtung beitragen, sagt Trenz.
Trenz, der Vorsitzender der Linken-Fraktion in der Regionalversammlung ist, sieht „die Ursachen für den Besucherrückgang“ unter anderem im Angebot von Filmen in Originalfassung mit Untertiteln (OmU). „Wenn man von fünf Angebotsfilmen drei mit Untertiteln und einen in der Originalversion anbietet, ist dies für eine überschaubare Zahl von Cineasten eine gute Sache, die Mehrheit der Zuschauer geht aber dann ins Camera zwo“´, sagt er. Nur knapp 11?000 Karten habe das Filmhaus im ersten Halbjahr verkauft. Das seien so wenig Zuschauer, dass es ihm „Angst und Bange“ werde.
Filmhaus-Chef Michael Jurich will das nicht schönreden.
Die Camera zwo in der Futterstraße zeige seit einigen Jahren die Filme, die sonst im Filmhaus gelaufen sind. Das private Kino mit sechs Sälen sei für die Filmverleihfirmen interessanter als das kleine Filmhaus. Ein nicht unerheblicher Teil des Publikums sei abgewandert.
Dass er zu viele OmU-Filme zeige, stimme nicht. „Wir machen nicht mutwillig OmU“, sagt Jurich. Wenn es eine synchronisierte Fassung eines ausländischen Films gebe, werde die bevorzugt. Aber es gebe auch interessante Filme, die es nur in OmU-Fassung gibt. „Soll ich einen Gewinnerfilm des Festivals in Cannes nicht zeigen, weil es den nur als OmU-Fassung gibt?“, fragt Jurich.
Es sei nun mal auch Auftrag eines kommunalen Kinos“, Filme zu zeigen, die in privaten Kinos keine Chance haben.
Dass es richtig sein kann, einen Film in der Originalsprache zu zeigen, habe „The King’s Speech“ gezeigt. Den Film über das Stottern des englischen Königs Georg VI. haben viele Kinos in der deutschen Fassung gezeigt. Im Filmhaus haben ihn sich trotzdem über 2000 Besucher in der Originalfassung angesehen.
Einigkeit herrscht zwischen Trenz und Jurich darüber, dass die Premiere der Freiluftkino-Reihe am Samstagabend schief gelaufen ist. Weil die Tontechnik im Freien nicht funktionierte, musste der Kinoabend in den Saal verlegt werden.
Was dazu führte, dass etwa die Hälfte der rund 100 Besucher ihr Geld zurückverlangte und ging. Bei einem Test habe vorher alles funktioniert, sagt Jurich. Bis zum nächsten Samstag (um 22 Uhr wird „Black Swan“ gezeigt) soll die Technik funktionieren, verspricht Jurich.
Meinung
Gewinnen am Ende die Guten?
Von SZ-Redakteur Martin Rolshausen
In Filmen gewinnen am Ende – meistens – die Guten. Im richtigen Leben ist das nicht automatisch so. Deshalb reicht es nicht, dass Politiker sich edel und gut geben, die Arbeit des Filmhauses loben und hoffen, dass alles gut ausgeht. Friedhelm Fiedler und Jürgen Trenz gehen den unbequemen Weg: Sie machen sich mit ihrer Kritik nicht beliebt, aber die Kritik ist notwendig und richtig.
Denn das Filmhaus hat ein Problem. 600.000 Euro kostet der Betrieb mit 3,5 Stellen und einigen Aushilfskräften jedes Jahr. Über zwei Drittel davon kommen aus der Stadtkasse. Wenn nun der Anteil, den das Kino durch Karten- und Getränkeverkauf finanziert, sinkt, müsste die Stadt mehr zahlen. In Zeiten, in denen übers Sparen geredet wird, ist das eine gefährliche Situation.
Deshalb sind parteipolitische Scharmützel ebenso wenig hilfreich wie der verklärte Blick zurück in die guten alte Zeit, als Albrecht Stuby das Filmhaus leitete und die Welt noch in Ordnung schien.
Die Guten müssen jetzt erstmal kämpfen, bevor sie dann gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten können.
Saarbrücker Zeitung vom 16./17.07.2011
Wie große Sprünge kann ein Kino machen?
„Camera zwo”-Chef Krane wehrt sich gegen den Vorwurf, er sei Schuld am Niedergang des Filmhauses
Die Politik diskutiert – mal wieder – über die Zukunft des Saarbrücker Filmhauses. Der Privat-Kino-Macher Michael Krane rät: weiter anspruchsvolles Kino machen, aber die Organisation des Kinos überprüfen.
Von SZ-Redakteur
Martin Rolshausen
Saarbrücken. Michael Krane ist ein erfolgreicher Kino-Manager. 2005 hat er den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt und aus dem alten Scala-Kino in der Saarbrücker Futterstraße das „Camera zwo“ gemacht, ein Kino, das mit Erfolg – meist – anspruchsvolle Filme spielt. Dass ihm nun unterstellt wird, sein Erfolg trage zum offenbar zunehmenden Misserfolg des städtischen Filmhauses in der Mainzer Straße bei, ärgert ihn.
Die „Camera zwo“ zeige die Filme, die früher im Filmhaus gelaufen sind, sagte der Leiter des Filmhauses, Michael Jurich. Das private Kino mit sechs Sälen sei für die Filmverleihfirmen interessanter als das kleine Filmhaus. Ein nicht unerheblicher Teil des Publikums sei abgewandert.
Er schätze Jurich sehr, sagt Krane. Und er halte das Filmhaus für wichtig. Aber so wie Jurich das darstelle, sei es nicht. Denn die Filme, die er zeige, gehören gar nicht in ein kommunales Kino, sagt Krane. Es dürfe nämlich nicht Aufgabe eines mit Steuergeld finanzierten Kinos sein, steuerzahlenden Privat-Kinos Konkurrenz zu machen. Er stehe in Konkurrenz zum Cinestar, nicht zum Filmhaus, sagt Krane. Wie beim kleinen Kino achteinhalb im Nauwieser Viertel sei die Entwicklung in der „Camera zwo“ positiv. Aber man habe nicht so viele Zuschauer dazugewonnen, wie das Filmhaus offenbar verloren hat.
Die Aufgabe der kommunalen Kinos in ganz Deutschland sei es, das zu zeigen, was die kleinen Programmkinos wie die „Camera zwo“ – und die großen Multiplexkinos schon gar nicht – nicht zeigen können: Filme in Originalsprache, Film-Retrospektiven und Filme, für die sich eben kein großes Publikum findet.
Nur deshalb seien Zuschüsse gerechtfertigt. Was nicht heiße, dass ein solches Filmhaus wie in Saarbrücken jährlich 600 000 Euro kosten muss. Dass das Kino als Amt für kommunale Filmförderung mit 3,5 Stellen betrieben wird, müsse zum Beispiel nicht sein. Würde er sich so viel Personal leisten, hätte er die „Camera zwo“ längst zusperren müssen, sagt Krane. Er managt das Kino nur mit Aushilfskräften – und das, obwohl das Kino doppelt so viele Säle wie das Filmhaus hat.
Die Personalkosten für die 3,5 festen Stellen im Filmhaus (hinzukommen wie bei Krane Aushilfen) betragen nach Angaben der Stadtverwaltung 185 000 Euro pro Jahr. Im Filmhaus beschäftigt sind neben dem Amtsleiter insgesamt drei Mitarbeiterinnen: eine Sekretärin, eine Buchhalterin (halbe Stelle) und eine Mitarbeiterin für Filmdisposition und Abrechnung.
Das Filmhaus zeige nicht nur Filme, sagt Stadtpressesprecher Thomas Blug. Es organisiere auch Vorträge und Diskussionsrunden, Vorführungen für Kinder und Schulklassen. Es gebe drei einwöchige Schulfilm-Festivals im Jahr und zweimal im Monat Seniorenkino. Außerdem müsse unter anderem der Franz-Hofer-Filmpreis organisiert werden. Und weil die Filme, die das Filmhaus zeigt, keine Massenware sind und von den Verleihfirmen weniger beworben werden, erfordere so eine Programmplanung „einen erhöhten Aufwand“.
Saarbrücker Zeitung vom 30.07.2011
Schluss mit der Leere, jetzt kommt Kultur
Die Filmhaus-Zukunft soll ,,emotionslos'' diskutiert werden
Kulturdezernent Erik Schrader hat in seiner zweiten Amtshälfte vor allem die Stadtgalerie im Visier
Halbzeit im Kulturdezernat. Erik Schrader ist seit vier Jahren Saarbrücker Kulturdezernent und bei aller Gelassenheit voll beschäftigt. Hauptthemen derzeit: die Stadtgalerie und das Saarbrücker Filmhaus.
Von SZ-Redakteurin
Susanne Brenner
Saarbrücken. ....
Ein Aufreger-Thema, das den Kulturdezernenten derzeit beschäftigt, ist die Debatte um das Filmhaus. Hier hatte insbesondere die FDP eine Debatte über Ausrichtung und Finanzierung losgetreten (wir berichteten). Denn das kommunale Kino hat bei sinkenden Zuschauerzahlen einen recht hohen Zuschussbedarf.
Dass im Filmhaus nicht alles bleiben kann, wie es war, hatte Erik Schrader dabei schon vor längerer Zeit erklärt, und er sei auch bereits im Gespräch mit Filmhaus-Chef Michael Jurich, sagt er und betont: „Das Filmhaus soll zukunftsfähig gemacht werden.“
Erste Maßnahme wird sein, dass eine im nächsten Jahr freiwerdende Stelle nicht mehr besetzt wird – da
Erik Schrader bei der Verleihung des Franz Hofer Preises 2010 an die Schauspielerin Anna Fischer
müsse man sehen, wie man die Arbeit umschichte. Bisher hat das Filmhaus dreieinhalb Stellen und einen Etat von 600 000 Euro, von denen zwischen 300 000 und 350 000 Euro als Zuschuss von der Stadt kommen. Den Rest erwirtschaftet das Kino selbst.
Weiterer Einsparversuch: Die Kasse wurde bereits umgebaut, sodass – ähnlich wie in der Camera zwo – Karten- und Getränkeverkauf parallel von nur einem Mitarbeiter gemanagt werden können. Auch wurde eine zu wenig nachgefragte Nachmittagsvorstellung gestrichen.
Detaillierte Informationen über Auswahl der Filme, Besucher-Entwicklung und erste Pläne will Schrader im August im Kulturausschuss vorlegen, „um die Möglichkeit zu einer emotionslosen Debatte zu liefern“.
bei der Diskussion ums städtische Filmhaus.
Diese Diskussion ging am Donnerstag in die nächste Runde. Filmhaus-Chef Michael Jurich war extra für einen Tag aus dem Urlaub zurückgekehrt, um die vom Ausschuss gewünschte Analyse zur Lage des städtischen Kinos zu präsentieren.
2005 kamen 60 084 Zuschauer ins Filmhaus. Im vergangenen Jahr waren es nur noch 28 860. Dass sich die Zahl der Besucher innerhalb von fünf Jahren halbiert hat, liege daran, dass die Konkurrenz größer geworden ist. Seit 2005 das „Camera zwo“ eröffnet wurde, laufen dort viele der Publikumsträchtigen Filme, die ansonsten im Filmhaus gezeigt würden. Saarbrücken sei damit in der Situation, in der andere Städte mit kommunalen Kinos schon lange sind. „Die Talsole ist erreicht“, versicherte Jurich. Mit 30 000 Zuschauern könne sich das Filmhaus im Vergleich zu anderen kommunalen Kinos sehen lassen.
Weil das Filmhaus rund 600 000 Euro im Jahr kostet und immer mehr vom Sparen die Rede ist, müsse dennoch überlegt werden, wie dieses Kino „wetterfest aufgestellt“ werden kann, forderten Bernd Reutler und Friedhelm Fiedler von der FDP. Man müsse „nicht vom Kommerz zerfressen sein“, um zu verstehen, dass man die Zuschauerzahlen nicht ganz aus dem Blick lassen dürfe, hielt Reutler dem Grünen Brück entgegen. Dass Jurich mit Filmen in Originalsprache und Untertiteln insbesondere ausländische Studenten anlocken will, sei ein guter Weg, sagte Fiedler. Das Filmhaus solle aber auch Angebote für die beiden großen Einwanderergruppen machen: die Italiener und die Türken.
„Verstärkt auf Migrantengruppen zugehen“, ist auch aus Sicht des CDU-Stadtverordneten Michael Jung eine gute Sache. Auch in Frankreich könne man sicher mehr werben. Und man solle nicht nur mit Schulen, sondern auch mit Altenheimen zusammenarbeiten. Eins sei aber klar: „Der Erfolg des Filmhauses wird sich nicht nur an Besucherzahlen messen lassen können.“ Das Filmhaus habe einen „kulturellen Bildungsauftrag“ – und so was koste Geld.
„Man darf die Zuschauerzahlen nicht außer Acht lassen, aber sie dürfen nicht der alleinige Maßstab sein“, sagte auch Kulturdezernent Erik Schrader (FDP). Deshalb, findet die SPD-Stadtverordnete Elisabeth Potyka: „Wir müssen dem Filmhaus Zeit geben, es wohlwollend begleiten.“ Die von der FDP angezettelte Debatte sei da aber „nicht hilfreich“. „Wir hätten das unter uns ausmachen“ müssen, sagte Potyka.
Im November wird sich der Ausschuss erneut mit dem Filmhaus befassen. Dann soll es darum gehen, welche Konsequenzen aus der von Jurich vorgelegten Analyse gezogen werden. „Eine Zieldiskussion führen“, nennt Schrader das.
Meinung
Vorsicht, Demokratie!
Von SZ-Redakteur
Martin Rolshausen
Das Filmhaus ist ein „Pfeiler der Saarbrücker Kulturpolitik“. Das hat der Grüne Thomas Brück am Donnerstag im Kulturausschuss gesagt. Recht hat er. Zumindest mit diesem Satz. Denn er hat einen zweiten Satz nachgeschoben, der auf ein merkwürdiges Demokratieverständnis schließen lässt. Brück hat gesagt, dass jeder (gemeint war aber erstmal nur die FDP), der die 600 000 Euro, die das Filmhaus jedes Jahr kostet, auf den Prüfstand stellt, „in Richtung Schließung geht“.
Überboten wurde Brück in Sachen „Demokratie für Fortgeschrittene“ kurz darauf von der SPD-Stadtverordneten Elisabeth Potyka. Eine öffentliche Debatte ums Filmhaus sei „nicht hilfreich“, hielt sie der FDP vor. „Unter uns ausmachen“ sei der bessere Weg.
Es mag ja sein, dass Hinterzimmerkungelei eine sozialdemokratische Spitzendisziplin ist. Aber wenn es um gut eine halbe Million Euro Steuergeld geht, sollten es auch SPD-Stadtverordnete mit guten Argumenten versuchen. Davon gibt es genug fürs Filmhaus.
Nur zur Erinnerung: Öffentliche Debatten sind ein Pfeiler der Demokratie.
Saarbrücken.
Für Thomas Brück ist es ganz einfach: Seine Partei misst Kultur nicht daran, ob sie etwas ein-bringt. Die FDP dage-gen, sagte der Vorsit-zende der Grünen-Stadtratsfraktion am Donnerstag im Kultur-ausschuss des Rates, bewerte Kulturangebote nach deren wirtschaft-lichem Erfolg, also nach Besucherzahlen. Das
sei das Grundproblem
Saarbrücker Zeitung vom 20./21.08.2011
Mehr fremdsprachige Filme für Zuwanderer
Stadtrats-Kulturausschuss beschäftigt sich erneut mit dem Saarbrücker Filmhaus
Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zuschauerzahl des Filmhauses von rund 60 000 auf 30 000 halbiert. Die Politik empfiehlt nun, um ausländische Studenten und um Franzosen, Italiener und Türken zu werben.
Von SZ-Redakteur
Martin Rolshausen
Saarbrücker Zeitung vom 15.09.2011
Wie immer: Büchner sorgt für Stunk
Eklat im Filmhaus bei der Premiere eines Dokumentarfilms über Georg Büchners Erzählung „Lenz”
Bei der Vorstellung des Dokumentarfilms „ ...daß er nicht auf dem Kopf gehen konnte“ über Georg Büchners Erzählung „Lenz“ im Filmhaus entbrannte Streit zwischen dem Schauspieler Hans Kremer vom Hamburger Thalia-Theater und dem Literaturwissenschaftler Herbert Wender von der Saar-Uni.
Von SZ-Mitarbeiterin
Kerstin Krämer
Saarbrücken. Eine Premiere, feierliche Reden, flauschige Interviews – und ein Eklat. Zu selbigem kam es am Dienstag im gut besuchten Saarbrücker Filmhaus. Anlass war die Vorstellung des Dokumentarfilms „...daß er nicht auf dem Kopf gehen konnte“ über Georg Büchners (1813-1837) Erzählung „Lenz“, eine Koproduktion des Landesinstituts für Pädagogik und Medien (LPM) mit dem Atelier Krötsch/Kremer. Dahinter verbergen sich die freischaffende Künstlerin Isabelle Krötsch, die hier Regie führte, und der Schauspieler Hans Kremer aus dem Ensemble des Hamburger Thalia-Theaters, der in dem 70-minütigen Streifen als Erzähler und Rezitator fungiert. Das Drehbuch schrieben Armin Schmitt (Redaktion), Herbert Stamm (Kamera) und Volker Geis (Ton) vom LPM, die bei ihren Recherchen auf Krötsch/Kremer stießen.
„Goethes Affe“
Im Fokus des in neun Tagen gedrehten Films steht Büchners Text „Lenz“ über den deutschen Sturm- und Drang-Dichter und als „Affen Goethes“ geschmähten Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-1792).
Der Film folgt Lenz zu den Originalschauplätzen des Textes unter anderem ins elsässische Waldersbach und ebenso Büchners Spuren im Straßburger Exil. Originaldokumente illustrieren die zeitgeschichtlichen und literaturhistorischen Zusammenhänge. Gerade noch rechtzeitig zum Schulbeginn – und vorzeitig zum Büchner-Jahr 2013 (dem 200. Geburtstag des in jungen Jahren verstorbenen Vormärz-Dichters) – präsentierte das LPM nun diese zur didaktischen Vertiefung in der gymnasialen Oberstufe gedachte Dokumentation: „Lenz“ ist in diesem Schuljahr Pflichtlektüre in der 11. Klasse.
Dass im Film als fachlicher Kommentator zu den biografischen Hintergründen, zum aktuellen Forschungsstand und zu Interpretationsansätzen einzig und allein Prof. Dr. Burghard Dedner, Leiter der Forschungsstelle Georg Büchner an der Universität Marburg, zu Wort kommt, nahm Ralph Schock, Literaturredakteur des SR, angesichts der literaturwissenschaftlich kontrovers geführten Büchner-Debatte als Anlass zur Kritik. Auf die Entgegnung Armin Schmitts, dass man sich bewusst nicht auf eine akademische Diskussion habe einlassen wollen, meldete sich Dr. Herbert Wender von der Saar-Uni als „der ortsansässige Büchner-Forscher“ zu Wort und monierte ebenfalls eine gewisse Einseitigkeit in der Darstellung, bemängelte sogar falsche Fakten.
Wender verließ den Saal
Im Laufe der nun folgenden Beschwichtigungsversuche wurde Kremer laut und emotional, bezeichnete Fakten als nichtig und beschuldigte Wender mittels eines instrumentalisierten Zitats der ideologischen Engstirnigkeit, was dieser entschieden zurückwies und den Saal verließ. Reaktionen breiter Teile des Publikums indes zeigten, dass man sich die Dokumentation partout nicht madig machen lassen wollte.
Georg Büchner
(1813-1837)